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Teil 14: Warten auf Godot – und die Kunst des Scheiterns

Samuel Beckett sagte einst: „Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch es nochmal. Scheitere nochmal. Scheitere besser.“ Diese Worte, ein Echo unserer Reise mit Kolibris Leseecke, zeichnen einen Weg voller Herausforderungen, Lernmomente und der ständigen Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Im Gegensatz zur Silicon Valley-Mentalität, die Scheitern oft als Sprungbrett zum Erfolg sieht, betonen wir bei Kolibri die Bedeutung des menschlichen und gemeinschaftlichen Wachstums über den bloßen Triumph über Misserfolge hinaus.

Wir bei Kolibri streben nach einem anderen Pfad als der des Technologiebooms, bei dem der Erfolg manchmal auf Kosten der Umwelt oder des menschlichen Wohlergehens erzielt wird. Uns ist bewusst, dass jede Idee das Risiko des Scheiterns birgt. Unsere Philosophie umarmt jedoch die Vorstellung, dass Misserfolge nicht das Ende bedeuten, sondern Teil eines größeren, menschlichen Prozesses sind, der uns alle bereichert und zusammenführt.

Seit der Eröffnung von Kolibris Leseecke haben wir, getrieben von Neugier, erlebt, wie die Gemeinschaft unsere Türschwelle überschritt. Der „Probelauf“ vor der offiziellen Eröffnung war unser ganz persönliches Beckett-Abenteuer – ein Zyklus aus Versuch, Scheitern und Lernen. Jedes Detail, von der Anordnung der Sitzgelegenheiten bis hin zur technischen Ausstattung, wurde durch unsere Bereitschaft zum Lernen stetig verbessert, stets mit dem Ziel, es für die Gemeinschaft und jeden Einzelnen besser zu machen.

Die Entstehung eines Teams aus freiwilligen Helfern, darunter die inspirierende Geschichte unserer jüngsten Mitstreiterin (die mit Ihren 10 Jahren bereit ist, tatkräftig mitzuwirken) und die Neugier der Besucher verdeutlichen, dass Wachstum oft aus unerwarteten Quellen sprudelt. Diese Momente des Engagements bestärken uns darin, dass der Weg selbst das Ziel ist und jede Erfahrung uns näher zusammenbringt und das Fundament unserer Gemeinschaft stärkt.

Die Überarbeitung unserer Webseite und die Einführung neuer Systeme für Veranstaltungen und Helfer sind beispielhaft für unser Engagement, aus jedem Fehler zu lernen und unsere Prozesse zu optimieren. In jedem Schritt unserer Reise haben wir die Erfahrung gemacht, dass Hoffnung, Ausdauer und das gemeinsame Streben nach Verbesserung die wahren Säulen von Kolibris Leseecke bilden.

Lass mich heute mit einer kleinen Anekdote abschließen: Vor seinem Tod im Jahr 1989 hat Beckett verfügt, dass sein Stück und darin enthaltene Protagonisten Wladimir, Estragon, Pozzo und Lucky nur von Männern gespielt werden dürfen. Diese Bestimmung führte zu einem bemerkenswerten Theaterskandal in Groningen, Niederlande, wo man sich herausgefordert fühlte, diese Regel zu umgehen. Als jemand, der sich leidenschaftlich für Gleichstellung einsetzt, betrachte ich diese Geschichte mit einem Schmunzeln und einer Prise Ironie. Die Bemühungen in Groningen, Becketts Anweisungen zu umschiffen, spiegeln eine faszinierende Auseinandersetzung zwischen Tradition und Fortschritt wider, zwischen dem Respekt vor dem künstlerischen Willen und dem Drang, moderne Werte zu integrieren. Ich erkenne die Bedeutung von Diversität und Inklusion in allen Lebensbereichen an, doch in diesem Fall erlaube ich mir, die Komplexität der Kunstfreiheit und die Nuancen der Urheberintention zu schätzen. Es ist diese Art von Geschichten, die unsere Diskurse bereichern und uns daran erinnern, dass die Balance zwischen Bewahrung und Erneuerung eine ständige, jedoch lohnende Herausforderung darstellt. So, während ich für jede Form der Gleichberechtigung stehe, genieße ich auch die unerwarteten Kuriositäten, die aus dem Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Gegenwart entstehen – sie zeigen uns, wie vielfältig und bunt unsere menschliche Kultur ist.

Bis bald, eure Nicole

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